Geschlossene Gesellschaft
Geschlossene Grenzen, geschlossene Kinos und Theater, geschlossene Cafés. Ein Kontinent macht die Schotten dicht. Und die Gastronomie steht am Abgrund ganz vorne. Die Rettungsversuche sind in vollem Gange. Aber wird das reichen?
„Bitte sprecht mit uns!“
Es klingt dramatisch – und es ist dramatisch. In einem offenen Brief haben sich dutzende Hamburger Gastronomen via Facebook an die politische Führung der Hansestadt gewandt. Es ist mehr als ein Hilferuf – es ist ein Notruf. „Während die Tage verstreichen, sind wir dabei, unterzugehen“, lautet der erste Satz. Es geht um das nackte Überleben einer Branche, die naturgemäß nur wenig bis gar keine eigenen Bordmittel besitzt, um Krisen dauerhaft zu überstehen, und eine wie diese schon gar nicht. Zwar hat die Politik verhältnismäßig schnell reagiert, doch selbst beschleunigte politische Prozesse benötigen mehr Zeit, als den meisten Hotel-und Restaurantbesitzern bleibt. Die Hamburger Gastronomen begrüßen zwar die bisherigen Maßnahmen der Bundes-und Länderregierungen, doch: „Diese Maßnahmen helfen, sie werden uns aber nicht retten.“
Dennoch: Im Moment sind es diese Maßnahmen, die etwas Luft und Zeit verschaffen.
Kurzarbeit
Es war eine der ersten Reaktionen der Bundesregierung auf die Krise. Die Hürde für einen Antrag auf Kurzarbeit durch den Arbeitgeber wurde abgesenkt. Es reicht jetzt, wenn nur 10 Prozent der Mitarbeiter von einem Arbeitsausfall betroffen sind. Jeder Mitarbeiter muss dem Arbeitgeber schriftlich bestätigen, dass er der Maßnahme zustimmt, danach kann die „Anzeige zur Kurzarbeit“ bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden. Es braucht dann zwei bis drei Wochen der Bearbeitung und erst dann (nach Prüfung aller Unterlagen durch das Amt) kann der eigentliche Antrag gestellt werden. Das dauert zwar lange, doch die Gehälter werden rückwirkend ab 1. März erstattet (60 Prozent des Nettogehalts bei Arbeitnehmern ohne Kinder, 67 Prozent bei jenen mit Kindern). Außerdem übernimmt der Staat, und auch das ist neu, 100 Prozent der Sozialabgaben.
Momentan schult die Agentur für Arbeit neue Mitarbeiter, um die Flut der Anträge schneller zu bewältigen. Um die Dimension zu verdeutlichen, sei hier einer dieser Mitarbeiter aus Berlin zitiert: „Vor der Krise gab es 20 Anträge auf Kurzarbeit in der Woche, jetzt sind es 2.500.“
Stundung von Steuern
Eine weitere schnelle Maßnahme der Bundesregierung war es, eine Stundung oder Herabsetzung fälligen Einkommens-, bzw. Körperschaftssteuer, zu ermöglichen. Dazu muss ein Antrag beim zuständigen Finanzamt gestellt werden. Darüber hinaus verzichten die Finanzämter auf Säumniszuschläge und Vollstreckungsmaßnahmen.
Insolvenz
Als weitere Maßnahme zu diesem ersten Hilfspaket der Bundesregierung setzt das Justizministerium die Insolvenzantragspflicht aus. Zunächst bis zum 30. September mit einer Option, die Aussetzung bis Ende März 2021 zu verlängern. Bisher galt bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eines Unternehmens eine Frist von maximal drei Wochen, in der ein Insolvenzantrag gestellt werden musste.
Allerdings wird die Insolvenzantragspflicht nicht pauschal ausgesetzt, sondern nur für jene Unternehmen, die durch die Corona-Epidemie insolvenzreif geworden sind. Sie sollten mit einer genauen Dokumentation über die Entwicklung ihrer Liquidität nachweisen können, dass mit dem Ausbruch der Krise und den damit einhergehenden Einschränkungen (Schließungsverordnungen, kürzere Öffnungszeiten) das Unternehmen in die Insolvenz rutschte.
Soforthilfen
Um zu verhindern, dass Unternehmen in die Insolvenz gehen müssen, haben Bund und Länder Soforthilfen versprochen, um die Liquidität vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen sicher zu stellen – zumindest kurzfristig.
Im Kern besteht die Soforthilfe in einem erleichterten Zugang zu Krediten. Die KfW-Bank bürgt dabei für 80 Prozent des Kreditvolumens. Die Kredite selbst müssen bei der jeweiligen Hausbank beantragt werden und sollen binnen weniger Tage zur Verfügung stehen. Weitere Überbrückungskredite können zinsgünstig bei den Landesförderinstituten der Länder beantragt werden.
All das soll schnell und unbürokratisch über die Bühne gehen, so versprechen es die zuständigen Bundes- und Landesministerien. Und sie sollten dieses Versprechen dringend einhalten. Sonst kommt es, wie die Hamburger Gastronomen in ihrem Brandbrief schreiben: „Die meisten von uns sind womöglich am Ende des Monats weg vom Fenster.“
Rettung auf Zeit
So wichtig und richtig die jetzt beschlossenen Rettungsmaßnahmen sein mögen – es bleibt offen, ob eine dauerhafte Rettung der Gastronomiebranche gelingt. Denn der Taktgeber ist der Virus, der sich weiter und weiter verbreitet und der es unmöglich macht, ein Ende abzusehen. Die Hamburger Gastronomen rufen die Politiker auf: „Sprecht mit uns!“ Viele Restaurants melden sich jetzt bei Lieferando an, andere denken an To-Go-Angebote. Das sind Ideen, die funktionieren könnten, für eine Weile jedenfalls. Doch viel mehr als Strohhalme sind es wohl auch nicht. Und die schnellen Überbrückungskredite müssen irgendwann auch zurückgezahlt werden. Welches Restaurant wird das leisten können. Es sind eben Hilfen, aber keine Lösungen. Und so endet der Brandbrief aus Hamburg, wie er begonnen hat – drastisch: „Helft uns, eine Basis für unser Fortbestehen zu schaffen. Sonst sind wir weg.“
Hier geht’s zu unserem Leitfaden mit den FAQs rund um das Corona-Virus, mit den wichtigsten Problemen und Fragestellungen für die Gastronomie.
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